Wie die neue Methode entstand

Meinem vietnamesischen Lehrer Prof. Ngyen Thai Thu habe ich es zu verdanken, dass ich überhaupt neu über die Therapie der chronischen Lumbalgie nachdenken konnte.
Meine Studienaufenthalte bei verschiedenen Lehrern in Europa, in Sri Lanka und China hatten mich angeregt, immer wieder über die Wirkungsweise und die unterschiedlichen therapeutischen Möglichkeiten der Akupunktur nachzudenken.
Jeder machte das Gleiche etwas anders.
Als ich glaubte, in Sri Lanka alles gelernt zu haben, was man dort über Akupunktur erfahren konnte, ging ich nach China.
Die chinesischen Lehrer verließen sich allerdings gern auf ihre alten Quellen. Fragen nach dem Warum einer Behandlung, nach Alternativen und Kombinationen mit anderen Behandlungen ignorierten sie. Kritische Fragen galten als Beleidigung für den Lehrer. Schließlich hatte ich den Eindruck, dass ich auch dort nichts Neues mehr lernen konnte.
So suchte ich weiter. Eine Patientin, die in Vietnam an der Universität Hanoi gearbeitet hatte, gab mir den entscheidenden Tipp. Sie stellte die Verbindung zum „National Institute of Acupuncture, Vietnam“ her.
Im Sommer 1995 landete ich so zum ersten Mal auf dem Flughafen von Hanoi.

Prof. Thai Thu ließ mich von seinem Fahrer abholen. Er war sehr stolz auf seinen ersten westlichen Besucher, denn bis dahin war er nur in den kommunistischen Bruderländern eine Berühmtheit. Er hatte für Ho Tschi Minh gearbeitet und die Soldaten Nord-Vietnams im Krieg versorgt. Er wurde ein berühmter Arzt und ein Freund Ho Tschi Minhs.
Als ich zu ihm kam, traf ich einen freundlichen alten Herrn, der mich in gutem französisch begrüßte. Er leitete ein Krankenhaus in dem Kinder, die vom Krieg geschädigt waren und Veteranen des Krieges behandelt wurden.
Ich hatte bis dahin noch niemanden gesehen, der derartig geschickt mit Nadeln umgehen konnte und keiner von meinen bisherigen Lehrern war derartig liebevoll zu seinen Patienten wie er. Von ihm habe ich mehr gelernt als von irgendeinem Lehrer vorher.
Er nutzte sehr pragmatisch alle Techniken der Reflextherapie, von Quaddeln über Neuraltherapie, Akupunktur und Massage, Elektrotherapie und Wärme- und Kältebehandlung. Er war in seinen Ansichten überhaupt nicht dogmatisch. Er vermittelte mir, dass es immer darauf ankam, den richtigen Reiz zu setzen. Es interessierte ihn nicht, was die alten Bücher sagten, sondern nur welche Methode die wirksamste bei dem jeweiligen Problem war. Seine Erfahrung war immens.
Durch ihn verstand ich viel besser wie Akupunktur funktionierte, ich lernte Reflexketten zu verstehen, mit dem Schmerzgedächtnis richtig umzugehen, pathologische Reflexe zu stören und neue gesunde Reflexketten im Unterbewusstsein des Patienten zu verankern.
Das Hineinkommen nach Hanoi war schon nicht ganz einfach gewesen, das Hinauskommen war noch etwas schwieriger. Wir saßen auf unseren Koffern in der Abflughalle von Hanoi. Mir gegenüber saß ein Mann, der ähnlich aussah wie ich. „Woher kommen Sie?“ fragte ich. „Aus Deutschland, vom Bodensee“ sagte er.
Er war unterwegs für Storz Medical, ein renommiertes Deutsch/Schweizer Medizintechnik-Unternehmen, das seinen Sitz ganz in der Nähe von Konstanz auf der Schweizer Seite hat. Sie haben dort viel Erfahrung mit der Entwicklung von Stosswellengeräten. Ich erkundigte mich nach dem Entwicklungsingenieur und besuchte ihn in der Firma in Tägerwilen. Wir sprachen über die Möglichkeit, Akupunkturpunkte mit Stosswellen zu stimulieren. Thai Thu hätte das auch so gemacht, sagte ich mir. Der Ingenieur sah zunächst keine Möglichkeit. Seine Apparate waren noch zu groß und die Wellen viel zu stark. Es dauerte bis zum Jahr 2002, da kam ein Anruf von der Firma: „Sie haben doch mal mit unserer Entwicklungsabteilung gesprochen? Wir haben jetzt so ein Gerät, das passen könnte.“
Von da an experimentierte ich mit der neuen Technik und fand heraus, bei welchen Erkrankungen und Beschwerden eine Kombination von Stosswellen und Akupunktur erfolgreich sein könnte.
Die Chronische Lumbalgie war eine der dankbarsten Indikationen für diese neue Methode.